Autor Thema: Carl Ferdinand Feigenbaum  (Gelesen 37354 mal)

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Stordfield

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Carl Ferdinand Feigenbaum
« am: 01.10.2008 11:34 Uhr »
Hallo !

Was haltet ihr denn von dem hier ?
Feigenbaum ist zwar nicht gerade ein Hauptverdächtiger , aber immerhin trotzdem ganz interessant , wie ich fand .
Das Folgende habe ich selbst übersetzt und daher sind einige Fehler nicht auszuschließen . Auch habe ich mir bei einigen Passagen , der Verständlichkeit wegen , einige kleinere " künstlerische Freiheiten" erlaubt . Bitte seht mir das nach .

Carl Ferdinand Feigenbaum   
von Wolf Vanderlinden


Seinen letzten Abend auf Erden verbrachte Feigenbaum zusammen mit dem Gefängnispfarrer von Sing Sing , Father Creeden und Father Bruder von der katholischen Kirche in Poughkeepsie . Sie erörterten , wo er begraben werden sollte . Feigenbaum äußerte in seinem letzten Willen , daß sein Eigentum in Cincinnati , angeblich ein Haus und andere Dinge , verkauft , der Erlös in einer deutschen Bank in New York eingezahlt und dann an seine Schwester Magdalena Strohband , einer Witwe , die in Ganbickelheim , Hessen , Deutschland lebte , überwiesen werden sollte . Eine Ausnahme betraf 90 Dollar , die man für sein Begräbnis verwenden sollte . Sein Vormund Omar Van Leuven Sage wurde zum Verwalter bestimmt .
Am Morgen des 27. April 1896 , einem Montag , wurde Feigenbaum um 11 Uhr mitgeteilt , daß seine Zeit gekommen sei . Die zwei ehrwürdigen Väter begleiteten ihn von seiner Zelle zur Todeskammer . Bevor er auf dem unbequemen hölzernen Stuhl Platz nahm , küßte er noch einmal sein Kruzifix . Dann setzte er sich , nahm seine Brille ab , reichte sie Father Bruder und fragte , ob sie mit ihm beerdigt werden könnte . Während die Riemen befestigt wurden , küßte er die Hand von Sage und schüttelte anschließend die Hände von Creeden , Bruder und dem Mann , der ihn töten würde , dem staatlichen Henker , Davis .
Dem Gefangenen wurden die Elektroden umgegürtet , die an der Basis zu seinem Gehirn und einem Bein angeschlossen wurden , und nachdem der Gefängnisarzt Dr. R. T. Irvine sein Okay gegeben hatte , signalisierte man Davis den Strom einzuschalten . Der erste Schock von 1820 Volt wurde um 11.16 Uhr gegeben und dauerte 30 Sekunden , bevor man die Stärke allmählich auf 300 Volt reduzierte , die für 40 Sekunden gehalten wurde . Die Strömung wurde dann für ein paar Sekunden ausgesetzt , eher ein zweiter Schock von 1820 Volt eine Minute lang gehalten wurde . Dr. Irvine und John Wilson Gibbs untersuchten den Körper und erklärten Feigenbaum um 11.18 Uhr für tot . In wenigstens einer Zeitung wird berichtet , daß die zwei Ärzte ihre anwesenden Kollegen zu einer weiteren Untersuchung einluden , um noch unabhängige Meinungen zu erhalten . Dies war nach einigen furchtbar gepfuschten Hinrichtungen und der ziemlich neuen Hinrichtungsart auch zu begrüßen . Tatsächlich meldete einer der Doktoren seine Zweifel an . Um diese übergenaue Minderheit zu befriedigen , schaltete man um 21.25 Uhr noch einmal für drei Sekunden die volle Stärke ein . Jetzt konnte man den Tod von Feigenbaum mit gutem Gewissen aussprechen .
Dies wäre wahrscheinlich das Letzte gewesen , das man von Carl Feigenbaum gehört hätte , wenn nicht sein Anwalt William Sanford Lawton dem New York Advertiser ein Interview gegeben hätte , in dem er behauptete , sein ehemaliger Klient sei Jack the Ripper gewesen . Diese Aussage wurde dann auf einer Pressekonferenz geschickt hochgejubelt . In ganz Amerika wurde davon berichtet . Doch schon bald geriet die ganze Geschichte in Vergessenheit .
Erst mit der Herausgabe von Trevor Marriotts Taschenbuch „The 21st Century Investigation“, in dem er seine Untersuchungen mit all dem Wissen und know – how des 21. Jahrhunderts darlegt , wird Lawtons Glaube , daß Feigenbaum tatsächlich der Mann war , der 1888 durch die Straßen von Whitechapel gepirscht war , gestärkt .
Wer war Carl Feigenbaum ? Warum glaubte Lawson , daß sein Mandant ein bösartiger Serienmörder war ? Welcher Beweis überzeugte Marriott , daß er die Wahrheit hinter dem größten Mordgeheimnis aller Zeiten gefunden hat ? War Feigenbaum wirklich Jack the Ripper ? Schauen wir uns die Sache an und versuchen einige der Fragen zu beantworten .

Carl Ferdinand Feigenbaum

Vernon  M. Davis , der Assistenzstaatsanwalt , der Feigenbaum strafrechtlich verfolgt hatte , sagte über diesen aus : „ Ich sah ihn immer als listigen Gesellen , von vielen Geheimnissen umgeben und stets darauf bedacht , daß sie auch gewahrt wurden .“ Diese Aussage trifft die Sache genau : Es gibt nicht viel Bekanntes aus dem Leben von Feigenbaum und was wir wissen , birgt Unstimmigkeiten . Das beginnt schon mit seinem Namen . Obwohl er wahrscheinlich etliche Pseudonyme verwendete , war sein richtiger Name eventuell Zahn       ( oder Zahm , laut Marriott vielleicht Strohband ) . Warum er ihn in Feigenbaum änderte, ist unklar .
Das Aufnahme – Formular in Sing Sing von 1894 beschreibt ihn als Mann von 54 Jahren , fünf Fuß 4 Zoll groß , 126 Pfund schwer , mit mittelmäßigem Teint , dunkelbraunem , oben lichtem Haar , kleinen grauen , tiefliegenden Augen , einer hohen , stark gewölbten Stirn und einer großen , roten Nase mit Pickeln . Obwohl es hier nicht erwähnt wurde , erkennt man auf einer Zeichnung , daß er einen Schnurrbart getragen hat . Von einer Zeitung wird er als           „ kleines , altes , verrunzeltes , schlecht gekleidetes Männchen“ bezeichnet .
Er wurde 1840 geboren , wahrscheinlich in Karlsruhe , Süddeutschland , nahe der französischen Grenze . Marriott weißt auf einen Zeugen hin , dem Feigenbaum Capitolheim als seine Geburtsstadt genannt hat ; doch dieser Ort läßt sich nicht ermitteln . Feigenbaum gab auch an , daß er zwei Schwestern und einen Bruder hatte , die in Deutschland lebten . Doch es gibt nur einen Bruder , genannt John , der in Brooklyn , New York wohnte . Dieser sprach auch noch kurz vor der Hinrichtung mit der Presse .
Feigenbaum dürfte nicht verheiratet gewesen sein und keine Kinder gehabt haben . Jedenfalls wird von Zeugen nichts Gegenteiliges berichtet . Für eine unbestimmte Zeit war er Matrose . Sein Anwalt meinte , daß sein Ex – Klient als Feuerwehrmann auf verschiedenen atlantischen Routen gearbeitet habe . Er war unter anderm auf der „ Bremen“ und auf der „ White Star“. Im Frühjahr 1892 gab er , den Angaben seines Bruders zur Folge , die Seefahrt auf . Ob dies der Beginn seines neuen Lebens in Amerika war , ist ungewiß , denn sein Anwalt erklärte , daß Feigenbaum schon um 1890 den Weltmeeren den Rücken kehrte . Offiziell , nach den Informationen , die von Polizei und Strafverfolgung gesammelt wurden , scheint er allerdings 1891 von Bord gegangen zu sein . Es gibt aber keine genauen Aufzeichnungen über einen Zahn oder Feigenbaum . Wahrscheinlich ist er einfach im Hafen geblieben , als sein Schiff New York verließ .
Was Feigenbaum in der Zeit seiner Ankunft in den USA bis zum Mord an Juliana Hoffman am 1. September 1894 machte , ist unklar . Nach seiner Verhaftung gab er als Beruf Gärtner an , den er auch in Deutschland ausgeübt haben will , was aber nicht wahr sein dürfte . In den Gefängnisakten steht Florist . Diese Bezeichnung benutzte er auch Frau Hoffman gegenüber, als er behauptete , eine Stelle auf Long Island verloren , aber eine neue in New York gefunden zu haben . Dies war aber eine Lüge . Dennoch scheint er in dieser Richtung gearbeitet zu haben , auf umherziehende Weise . Sein Bruder meinte , daß er ihn nicht gut genug kannte , um sagen zu können , was er tatsächlich gemacht hat , wußte aber , daß Feigenbaum im Gartenbaugeschäft tätig war und überall im Westen , aber auch in Illinois und Wisconsin umhergereist war . Die Bewegungen von Feigenbaum werden erst nach dem Mord an Frau Hoffman klarer .

Der Mord an Juliana Hoffman
 
Juliana Hoffman war eine 54jährige Witwe , die mit ihrem 16jährigen Sohn Michael in zwei miserablen Zimmern lebte . Die Wohnung befand sich in New York City , 6. Straße Ost , über einem Geschäft . Aus einem Fenster sah man auf die Straße , aus dem anderen auf einen Hof . Die Zwei kamen 1892 aus Budapest , Ungarn , in die USA . Sie lebten von dem niedrigen Lohn des Sohnes . Arm , wie sie waren , beschlossen sie , etwas zusätzliches Geld durch Mieten aus ihrem Hinterzimmer zu verdienen . Ihr erster Mieter war leider Carl Feigenbaum . Er war auch ihr letzter Mieter . Bei seiner Vorstellung erzählte er der Frau , daß er gerade seinen Job auf Long Island verloren hätte , über Land getrampt sei , sich von Gelegenheits –
arbeit ernährte und zur Zeit im Tompkins Park , nur einen Block von ihrer Wohnung entfernt , auf einer Bank schlafe . Er sagte weiter , daß er im Laden eines Floristen eine neue Stelle in Aussicht hätte und er die Miete von 1 Dollar und 8 Cents ( für Logis und Frühstück ) am 1. 9. bezahlen würde . Frau Hoffman vertraute ihm und ließ ihn einziehen .
Am Freitagabend des 31. August 1894 saßen die Hoffmans und Feigenbaum im vorderen Zimmer zusammen . Irgendwann nahm Frau Hoffman eine kleine Handtasche aus einem Wandschrank und ging , um Brot für das Abendessen einzukaufen . Als sie wiederkam , legte sie die Tasche zurück an ihren Platz . Gegen zehn Uhr verabschiedete sich Feigenbaum in sein Zimmer . Die Hoffmans legten sich ebenfalls schlafen ; die Frau auf einer Liege , nahe der vorderen Fenster und der Junge , im rechten Winkel zu ihr , auf der Couch . Irgendwann nach Mitternacht wurde Michael Hoffman von einem Schrei geweckt . Als er zu seiner Mutter schaute , sah er sie halb aus dem Bett erhoben , während Feigenbaum über ihr stand , mit einem langen Tranchiermesser in der Hand . Der Junge sprang aus seinem Bett und griff Feigenbaum von hinten an . Der Ältere trat erst nach Michael , bevor er ihm das Messer entgegen hielt . Michael erkannte , daß er keine Chance gegen den Mieter hatte , und um sein Leben zu retten , kletterte er aus dem Fenster auf den schmalen Sims über der Schaufenster –
fassade . Von dieser gefährlichen Position aus , schrie er um Hilfe . Feigenbaum wandte sich wieder der Frau zu . Er stach ihr in die linke Seite des Halses und zog dann das Messer etwa 6 Zoll nach rechts . Sie kämpfte noch verzweifelt , brach dann aber zusammen . Der Mörder lief dann in sein Zimmer , von wo aus er durch das Fenster auf ein Schuppendach stieg und von dort aus in den Hof sprang . Im Hof gab es eine Pumpe , wo Feigenbaum kurz anhielt und sich die Hände wusch . Inzwischen hatten Michaels Schreie die Polizei und mehrere Nachbarn alamiert , die alle zusammengelaufen kamen . Auch Feigenbaum tauchte aus einer Gasse auf , ohne Hut , Jacke und Schuhe . Er sah sich einer aufgebrachten Menschenmenge gegenüber und begann zu laufen , aber er wurde schnell gefangen genommen . Nach einer kurzen Suche fand man auch in einem Durchgang ein blutiges Messer .
Feigenbaum wurde noch am gleichen Tag Richter Simms im Polizeigericht vorgeführt . Auch Michael war anwesend und wollte dem Gefangenen an die Gurgel gehen , was aber durch die schnelle Reaktion der Gerichtsdiener verhindert wurde . Der Angeklagte erklärte sich nicht schuldig . Seine Verteidigung war kindisch einfach : Er erzählte von einem Jacob Weibel , den er beim Trampen kennen gelernt und mit dem er sich schnell angefreundet hatte . Da Feigenbaum sich sicher war , daß Frau Hoffman zwei Männer in einem Zimmer nicht billigen würde , sei Weibel angeblich heimlich ins Zimmer geschlüpft . Der Mörder müsse Weibel gewesen sein . Er hatte die Tat begangen , als er , Feigenbaum , schlief . Was war mit diesem Mann geschehen ? Der sei , als er Michaels Hilfeschreie hörte „ verschwunden wie der Blitz“. Und was machten Sie in der Gasse ? Er wollte nach Weibel suchen . „ Mein Gott“, rief Feigenbaum aus , „ hätte ich gewußt , was der für ein Schuft war , hätte ich keinen Moment zugelassen , daß er mir so nahe gekommen wäre .“
Niemanden überzeugte diese Geschichte und Feigenbaum wurde am 3. September in Untersuchungshaft gesteckt . Am 26. Oktober 1894 begann der Prozeß gegen Carl Feigen –
baum , vor Richter Frederick Smyth , der auch schon 1891 den Vorsitz im Fall Ameer Ben Ali geführt hatte . Die Verteidigung wurde von den Rechtsanwälten Lawton und Hugh O. Pentecost übernommen , während die Strafverfolgung aus den Assistenzstaatsanwälten Davis und Stephen J. O´Hare bestand . Der Angeklagte blieb hartnäckig bei seiner Geschichte , daß nämlich nicht er , sondern Weibel Juliana Hoffman ermordet habe . Gegen diese Version sprach , daß die gefundene Mordwaffe ihm gehörte und Blut an seinen Händen gesehen wurde, als er aus der Gasse trat . Außerdem wurde erwähnt , daß er ein Dieb und Schwindler mit vielen Decknamen war . Dies war allerdings alles sekundär , entscheidend war die Zeugenaussage von Michael Hoffman , der Feigenbaum als den Mann identifizierte , der seine Mutter getötet hatte . Feigenbaum wurde schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt . Lawson und Pentecost führten ihren Kampf um das Leben ihres Mandanten weiter . Sie beantragten einen zweiten Prozeß , der wurde aber von Richter Smyth verworfen . Dann reichten sie einen Antrag für ein Wiederaufnahmeverfahren beim Berufungsgericht ein , aber dort war man der Meinung , daß eine Grundlage dafür fehlte . Ihr nächster Schritt war , daß sie das Todesurteil auf Grund von Wahnsinn kippen wollten . Diese Taktik schien Erfolg zu haben , die Anwälte wurden schließlich belohnt . Am 5. März 1896 wurde Dr. Carlos F. Macdonald vom Gouverneur angewiesen , den geistigen Gesundheitszustand von Carl Feigenbaum zu untersuchen . Am 19. März beendete Macdonald seine Untersuchung und erklärte in seinem Bericht , daß Feigenbaum geistig gesund sei . Nun waren für den Mann , der im Sing Sing – Gefängnis saß , alle gesetzlichen Optionen erschöpft .
Feigenbaum wurde am 27. April 1896 hingerichtet .

Die Theorie von William S. Lawton

William Sanford Lawton erklärte , daß „ ich glaube , daß der Mann , der auf dem elektrischen Stuhl starb , leicht mit den Ripper – Morden in Whitechapel , London , in Verbindung gebracht werden kann .“ Er fügte hinzu : „ Ich setze meinen guten Ruf aufs Spiel , aber ich wette , wenn die Polizei die letzten Jahre von Feigenbaum untersuchen würde , würde sie das geradeaus nach London führen .“ Lawton meinte , er sei der einzigste Mensch gewesen , dem Feigenbaum vertraut hätte und deshalb hätte dieser ihm eines Nachts auch ein Geständnis gemacht . Angeblich litt sein Ex – Klient an einer einzigartigen Krankheit , die eine packende Leidenschaft hervorruft . Diese Leidenschaft manifestiert sich in dem Wunsch jede Frau zu töten . „ Bei solchen Gelegenheiten kann ich mich nicht kontrollieren .“ Der Anwalt war bei diesen Worten sehr erschrocken und wußte nicht , was er tun sollte . Langes Nachdenken über das Geständnis führte dazu , daß er sich fragte , ob eine Verbindung zwischen Feigenbaum und Jack the Ripper bestehen könnte . Er schlug schließlich alle Daten über die Whitechapel – Morde nach und erkundigte sich bei Feigenbaum : „ Carl , waren Sie an diesen Tagen in London ?“ Hier zählte er die Mordzeiten auf . „ Ja .“, antwortete Feigenbaum , bevor er in Schweigen verfiel .
Der Anwalt entschied sich tiefer in der Angelegenheit zu graben . Dabei stellte er fest , daß Feigenbaum überall in den USA und Europa umhergereist war und es überall dort auch Morde gegeben hat ; in Wisconsin hielt er sich auf , als dort eine Serie von Verstümmelungsmorden verübt wurde . Lawton sagte aus , daß er mit London kommuniziert  hätte und nun beweisen könnte , daß Feigenbaum zur Zeit der Whitechapel – Morde dort war . Schließlich fragte Lawson Feigenbaum direkt , ob er für die Eastend – Taten verantwortlich sei und bekam zur Antwort : „ Nur dem Herren kann ich gestehen .“
Lawton hat Beweise für eine Theorie angeboten , daß sich Feigenbaum einfältig und sogar schwachsinnig stellte . Zum Beispiel hat er sich bei der Gerichtsverhandlung andauernd an Kopf und Brust gekratzt und fortwährend ausgerufen : „ Wie unklug von mir , einem Fremden zu vertrauen . Wie unklug von mir , einem Fremden zu vertrauen .“ In Wirklichkeit , sagte Lawson , war sein Klient gerissen und sehr intelligent . Er wies darauf hin , daß Feigenbaum sich als mittelloser Landstreicher ausgab , aber für sein eigenes Begräbnis 90 Dollar bezahlte . Auch konnte er sich kenntnisreich über Themen wie Chirurgie und Zergliederung unterhalten. Feigenbaum würde aber darüber schweigen , ob er auch praktische Fähigkeiten auf diesen Gebieten besaß . Lawton glaubte , daß der Mord an Frau Hoffman ein verpfuschter Ripper – Angriff und kein versuchter Raubüberfall war und daß sein Mandant den Körper nur wegen Michaels Hilfeschreie nicht zerstören konnte . Weiter wies Lawton auf einen Fachmann hin , der ihm von altem Blut auf dem Messer berichtete , offenbar ein Beweis für einen früheren Mord . Außerdem paßte Feigenbaum auf die Beschreibung des Mörders von Carrie Brown , genannt „ Shakespeare“, die 1891 in der Lower East Side von New York unter ähnlichen Bedingungen ums Leben kam , wie Frau Hoffman . Bestätigung für seinen Verdacht erhielt Lawton von Vernon M. Davis , der erklärte , daß es ihn nicht verwundern würde , wenn man beweisen könnte , daß Feigenbaum JtR war . Am Ende faßte Lawton seine Theorie in einem Satz zusammen : „ Der Mann war ein Teufel . Das Motiv für seine Tat war sein schrecklicher   Wunsch nach Verstümmelung .“

Die Theorie von Trevor Marriott

Um die Theorie von Trevor Marriott zu verstehen , ist es wichtig , sich zuerst einmal seinem Buch von 2005 zu widmen . Darin hat er elf Ripper – Kandidaten untersucht , sie aber alle abgelehnt . Er meinte : „ Ich habe immer daran geglaubt , sollte die Identität von JtR jemals aufgedeckt werden , es jemand ist , der nie in Verdacht geriet und auch noch von keinem Forscher genannt wurde .“ Er erklärte weiter : „ Meine Vermutung war immer , daß der Ripper ein kaufmännischer Seemann gewesen ist .“ Dies ist auch die Grundlage seiner neusten Theorie . Nachdem der Mörder seine Untaten begangen hatte , ging er wieder an Bord und während er davon segelte , tappte die Polizei in den Straßen von Whitechapel umher und suchte nach jemandem , der viele Meilen weit fort war . Die Nähe von den Docks zu Whitechapel und Spitalfields war von Vorteil : Ein als Matrose gekleideter Mann würde in den Straßen nicht auffallen und er könnte schnell zurück zum Schiff , wo er sicher eine Waschgelegenheit besaß . Marriott erwähnte auch einen Artikel vom 6. Februar 1896 in der New York Sun , die von einer Mordserie in Managua , der Hauptstadt von Nicaragua , berichtete . Dies könnte damit erklärt werden , daß der Ripper eine geänderte Route segelte , von Europa nach Amerika . Marriott hat seine Aufmerksamkeit auf alle Schiffe gerichtet , die während der Morddaten in den London Docks angelegt hatten und dann schoß er sich aus Gründen , die nicht ganz klar sind , auf eine Gruppe von Hamburger und Bremer Seeleuten ein . Er fand heraus , daß die Schiffe der Norddeutschen Lloyd Linie , die aus Bremen kamen, die ganze Zeit , in der die Morde geschahen , im Hafen waren . Auch Segler aus Hamburg legten während dieser Zeit hier an und sogar am Mordtag von Francis Coles am 13.2.1891 . Er hat auch einen ripperähnlichen Fall in Flensburg , einer Stadt nahe der dänischen Grenze , ausgegraben . Marriott erklärte , daß die Schiffe aus Bremen hier ebenfalls angedockt haben . Leider gab es Probleme mit unvollständigen Aufzeichnungen und so konnte Marriott den Ripper nicht identifizieren und auch keinen plausiblen Verdächtigen nennen , weshalb sein Buch auch mit einem Fragezeichen endete . Allerdings hatte er die Art Mann im Hinterkopf : Es war ein deutscher Seemann auf einem Kauffahrteischiff , wahrscheinlich unverheiratet und ohne Verpflichtungen . Nach den Whitechapel – Morden wurde er wegen eines anderen Verbrechens verhaftet und zu lebenslänglichem Gefängnis verurteilt . Carl Feigenbaum war ein perfekter Typ für diesen unbekannten Verdächtigen . Marriotts Theorie stützt sich sehr auf die Aussage von Lawton . Er gibt sich aber nicht mit dem Hinweis zufrieden , daß Feigen –baum durch Europa und Amerika reiste , sondern fügte eine Liste von Morddaten hinzu , an denen der Deutsche unterwegs war :
•   Januar 1889 , Managua – Ermordung und Verstümmelung von 6 Prostituierten
•   Oktober 1889 , Flensburg  – Ermordung und Verstümmelung einer Prostituierten
•   11.4.1890 , Hurley , Wisconsin – Ermordung der Prostituierten Lottie Morgan
•   28.4.1890 , Benthen , Deutschland – Ermordung und Verstümmelung einer Frau
•   4.12.1890 , Bern , Schweiz – Ermordung und Verstümmelung eines Bauernmädchen
•   24.4.1891 , Jersey City – Ermordung und Verstümmelung von Carrie Brown
•   25.10.1891 , Berlin – Ermordung und Verstümmelung der Prostituierten Hedwig Nitsche
•   31.1.1892 , New Jersey – Ermordung von Elizabeth Senior
•   3.4.1892 , Berlin – Mord an einer Prostituierten
•   31.8.1894 , New York City – Mord an Juliana Hoffman

Marriott fügt seiner Liste noch hinzu , daß die ripperähnlichen Morde rund um die Welt aufhörten , nachdem Feigenbaum hingerichtet wurde . Er beendete seine Theorie mit den Worten : „ Ich bin fest davon überzeugt , daß Feigenbaum Jack the Ripper war und das sein Name in die Geschichte eingehen wird , als der berüchtigste Serienmörder der Welt . Dieser Mann war verantwortlich für eine Serie furchtbarer Morde an armen , unglücklichen , hilflosen Frauen auf drei Kontinenten über einen Zeitraum von sechs Jahren .“
 
Ein kritischer Blick auf Carl Feigenbaum
                                                                                                                                                         Er schreibt auch : „ Es wird weiter Ripper – Enthusiasten geben , die noch nicht überzeugt worden sind , daß das Geheimnis gelüftet wurde .“ Wäre Lawtons Aussage nicht gewesen , gebe es keinen Fall Feigenbaum ; niemand würde sich heute noch an diesen Mann erinnern . Schaut man sich die Worte von Lawson genauer an , dann treten einige Ungereimtheiten auf . Er sagte , daß Feigenbaum von der merkwürdigen Krankheit in der Todeszelle sprach , vor dem 26.10.1894, also schon sehr früh in einem langen Rechtsweg , der sich bis April 1896 hinstreckte . Der Anwalt hat die Idee der Unzurechnungsfähigkeit zur Verteidigung nicht benutzt , obwohl die Beweise im Mordfall Hoffman sehr schwerwiegend waren . Er brachte sie nicht zur Sprache während der Voruntersuchung , nicht während der Hauptverhandlung , sondern erst , als es um das Leben des Angeklagten ging . Lawson hat auch seinem Kollegen Pentecost nichts erzählt , weder von dem Geständnis , noch von seinem Verdacht bezüglich JtR und auch nicht von seinen transatlantischen Nachforschungen . Er offenbarte sich erst nach der Hinrichtung Feigenbaums und dann auch noch den Reportern . Das alles läßt schon die Grenze der Gutgläubigkeit brechen .
In einem Artikel , der in der New York Times erschien , kam auch der zweite Anwalt , Hugh Pentecost zu Wort . Er meinte : „ Ich mag meinem Kollegen die Geschichte nicht verderben , habe aber keine Aktien in der Angelegenheit . Mir ist nie etwas aufgefallen , das Feigenbaum mit Jack the Ripper in Verbindung bringen könnte . Aber Lawson kannte unseren Klienten besser als ich , kann also auch mehr über ihn erzählen . Ich habe sowieso nur durch einen Dolmetscher mit Feigenbaum gesprochen .“ Letzteres ist ein anderer interessanter Punkt . Das Englisch von Feigenbaum war sehr schlecht bis nicht existent . Nicht nur im Gespräch mit Pentecost , sondern auch bei der Gerichtsverhandlung mußte Feigenbaum einen Übersetzer in Anspruch nehmen . Dies wurde auch vom Ann Arbor Register bemerkt . „ Herr Lawson hat sich viel auf englisch mit Feigenbaum unterhalten , als dieser im Gefängnis saß , aber jedes Mal , wenn jemand anderes anwesend war , verlangte er nach einem Dolmetscher .“ Hat Feigenbaum wirklich englisch mit Lawton gesprochen , oder war dies nur eine Ausrede , um Lawtons Aussage glaubhaft zu machen , wie der Register vermutete ? Sprach Lawton etwa deutsch ? Wenn er es nicht tat , ist es schwer zu verstehen , wie Feigenbaum seinem Anwalt  diese „ packende Leidenschaft“ in gebrochenem Englisch begreiflich machen konnte . Pentecost jedenfalls beharrt darauf , niemals mit Feigenbaum englisch gesprochen zu haben . Und es fällt schwer , sich einen nicht englisch sprechenden Ripper vorzustellen .
Obwohl von Lawson und von Marriott behauptet wurde , daß Feigenbaum überall in Amerika und Europa umhergereist war , wo Morde geschahen , können sie doch keine Beweise liefern.
Dies traf außerdem auch auf eine Menge anderer Matrosen zu . Von einiger Wichtigkeit ist die Aussage von Lawton , daß sich Feigenbaum zur Zeit einer Serie von Morden in Wisconsin aufgehalten haben soll . Dies ist offenbar eine Lüge . Zwar war Feigenbaum dort , das hatte ja auch sein Bruder berichtet , aber es gab dort nie irgendeine Serie von Verstümmelungs – morden . Auch was den Fall Lottie Morgan betrifft , sind Zweifel angebracht . Es kann nicht bewiesen werden , daß Feigenbaum am Morgen des 11. April 1890 in der Nähe von Hurley war . Marriott weist darauf hin , daß Schiffe der Norddeutschen Lloyd Linie am 9. 4. im Hafen von New York geankert haben und daß , sollte Feigenbaum auf einem von ihnen gewesen sein , er genug Zeit gehabt hätte , von New York nach Wisconsin zu kommen . Dies ist eindeutig lächerlich , denn es gab 1890 keine Möglichkeit in zwei Tagen von einem Ort zum anderen zu gelangen . Wahrscheinlicher ist es , daß Lottie Morgan von zwei Bankräubern mit einer Axt erschlagen wurde , weil sie zu viel wußte . Lawton hat alles Feigenbaum in die Schuhe geschoben , damit es besser zu seiner Theorie paßte .Warum  sollte er Feigenbaums Geständnis mit Lügen aufpolstern , wenn es stimmte ? Auch muß Lawtons Aussage in Zweifel gezogen werden , daß ein vagabundierender Gärtnergehilfe und Matrose Ahnung von Chirurgie gehabt haben soll . Er konnte dafür keine Quelle angeben , aber es paßte eben besser zu der Geschichte , daß Feigenbaum JtR war . Allgemein wird vermutet , daß der Ripper ein Doktor oder Chirurg war . Diese Ansicht äußerte auch Dr. Forbes Winslow auf einem Ärztekongreß in New York . Er meinte : „ Die Whitechapel – Morde wurden von einem Medizinstudenten guter Familie verübt , dessen Gemüt vom Studium zerstört wurde . Sein Wahnsinn hat die Form religiöser Leidenschaft mit mörderischen Impulsen angenom –
men . Er wurde gefunden und in einem Straflager eingesperrt . Seit dem hat kein ähnlicher Mord mehr stattgefunden .“ Feigenbaum , so viel ist gewiß , hatte keine medizinische oder anatomische Ausbildung gehabt , wenn Anwalt Pentecost auch meinte : „ Seine Handschrift war viel besser , als man es bei einem Gärtner erwarten würde .“ Dies beweist zwar eine gute Erziehung , aber keine medizinische Ausbildung .
Der Glaube von Lawton , daß der Angriff auf Frau Hoffman ein Ripper – Mord war , ist schwer nach zu vollziehen . Sie wurde in ihrer eigenen Wohnung , in einem Zimmer , in dem auch ihr 16jähriger Sohn schlief , mit einem Messer getötet . Sie war keine Prostituierte , die er an der Straßenecke aufgegabelt , sondern eine Witwe , bei der er drei Tage gewohnt hatte . Raub scheint das offensichtliche Motiv gewesen zu sein , auch wenn Lawton etwas anderes behauptet . Die Tür zum Wandschrank , in dem sie ihr Geld aufbewahrte , stand offen , als sie ihre Handtasche dort herausnahm . Feigenbaum , der am nächsten Tag seine Miete bezahlen sollte und dies nicht konnte , hat wahrscheinlich , als die Hoffmans schliefen , den Schrank durchsucht . Eventuell wurde die Frau wach und hat ihn dabei erwischt . Es scheint fast unmöglich , sich ein anderes Szenario vorzustellen .
Und was ist mit der Verbindung zwischen Feigenbaum und Carrie Brown ? Kam der Ripper nach New York , um seine Überlegenheit gegenüber der dortigen Polizei zu beweisen ? Brown wurde in einem Hotel erdrosselt und verstümmelt , von einem Mann , der im Gäste –
buch als „ C. Kniclo“ eingeschrieben war und von dessen starkem Akzent man annahm , daß er deutsch gewesen sein könnte . War das Feigenbaum ? Der Mörder von Carrie Brown wird beschrieben : 5 Fuß 4 Zoll groß , dünn , 32 bis 35 Jahre alt , dünnes , blondes Haar , blonder Schnurrbart . Marriot erklärt , daß die Täterbeschreibung fragwürdig sei , da die Polizei nicht sicher war , ob er der Mörder war . Das ist falsch . In Wirklichkeit hat das NYPD die Daten an alle Polizeidienststellen , einschließlich an die in anderen Ländern geschickt . Es ist auch bekannt , daß sich eine Reihe großer , dünner und blonder Männer im Schleppnetz der Polizei verfingen . Mindestens eine Zeitung berichtete von dieser Verhaftungswelle .
Marriott wirft ein , daß „ Mr. Kniclo“ vielleicht nur ein ganz normaler Freier war und Brown den wahren Mörder erst später mit aufs Zimmer genommen hat . Dies scheint unmöglich , da das Hotel sehr bemüht war , nicht in den Ruf eines Bordells zu kommen . Daher durften eigentlich nur verheiratete Paare , oder solche , die sich dafür ausgaben , dort übernachten . Es ist Brown also nicht möglich gewesen , sich einen zweiten Kunden von der Straße zu holen .
Die Theorie von Marriott baut sehr auf Lawton auf . Der Anwalt meinte , Feigenbaum habe den Idioten nur gespielt und eine Armut nur vorgetäuscht . Schon möglich , aber das macht ihn noch lange nicht zum Serienmörder . Marriott bringt aber auch seine eigenen Beweise bei. Sein Vorschlag , daß der Ripper ein Matrose auf einem Handelsschiff sein könnte , ist aller –
dings nicht neu . Zur Zeit der Whitechapel – Morde hat schon Edward Larkin , Protokoll –
führer im Statistischen Zollamt , nach Schiffen im Londoner Hafen gesucht , die an den Mordtagen dort lagen . Er nannte drei Schiffe , die ihm besonders verdächtig vorkamen :         „ City of Oporto“, „ City of Cork“, und „ City of Malaga“. Dazu lieferte er auch gleich noch einige Namen : Manuel Crux Javier , Jose Laurenco , Joao de Souza Machado und J. Da Rocha . Auch Dr.Winslow tippte auf einen Matrosen als Ripper . Ein anderer Mann , Charles Barber , fand heraus , daß die S.S. Alaska jedes Mal , wenn in Whitechapel ein Mord geschah, im Hafen von Liverpool lag . An Bord dieses Schiffes segelte Frederick Deeming , den Barber verdächtigte , der Ripper zu sein . Kürzlich erklärte mir Michael Conlon , daß Schiffe der Nationalen Linie an jedem Tag der Morde in den Docks waren . Diese Spur führt zu seinem Verdächtigen , Arbie La Bruckman , der für diese Linie arbeitete .
Das Problem ist , daß man die Idee mit einem Matrosen als Ripper durchaus glauben kann , es aber keinen Weg gibt , irgendeinen Seemann mit den Ripper – Morden in Verbindung zu bringen . Marriott legt sich aber auf die Norddeutsche Lloyd Linie fest , wenn er auch nicht sagen kann warum . Die NLL war eine riesige Reederei , mit hunderten Schiffen und tausenden Matrosen . Er kam aber auf Feigenbaum . Zusätzlich fuhr Feigenbaum aber nicht nur für dieser Linie . Er hätte daher zur Zeit der Whitechapel – Morde überall in der Welt sein können .
Nachdem die Morde aufgehört hatten , meinten einige Zeitungen , daß der Ripper sich in andere Gefilde begeben hat . Morde in Japan , Chile , Jamaika , Nicaragua , Mexiko , den USA , Frankreich , Italien , Österreich , Deutschland und Britannien wurden dem Ripper zugesprochen , oder zumindest als ripperähnlich bezeichnet . Es schien fast so , als hätte JtR jede Frau und jeden Mann , die mit einem Messer ermordet wurden , getötet . Wenn das Opfer auch noch eine Prostituierte war , dann hatte es sowieso der Ripper getan .
Auch Marriott ist der Meinung , daß einige dieser , von der Presse genannter Verbrechen , vom Ripper begangen wurden . Allerdings konnte er dafür keinerlei Beweise finden . Bis zu diesem Schreiben hat überhaupt niemand irgendwelche Serienmorde nachweisen können , die angeblich der Ripper verübt hat . Im Gegenteil : Viele dieser Verbrechen sind gar nicht geschehen . Zum Beispiel gab es in Jamaika keine Serie . Steven Ryder fand heraus , daß es sich hierbei um einen einzelnen Mord handelte , der zudem auch noch schnell aufgeklärt wurde . Ein anderer Mord an einer Prostituierten paßte gut zu der Tatsache , daß Feigenbaum ein Deutscher war . In Flensburg , einer nördlichen Hafenstadt , nahe Dänemark , wurde im Oktober 1889 eine Prostituierte umgebracht und verstümmelt . Marriott meinte , daß hier auch Schiffe der NLL angedockt haben . Zeitungen berichteten , daß dem Opfer ein Kehlschnitt zugefügt und ihr Unterleib geöffnet worden sei . Dieser vermutete Lustmord erwies sich als Schwindel . Das Opfer war ein junges Mädchen und keine Prostituierte und der angebliche Mord ein Unfall . Es war , wohlbemerkt , die New Yorker Presse , die die ganze Geschichte verdrehte und deutsche Journalisten zurückließ , die sich verwundert am Kopf kratzten . Es bestand definitiv keine Verbindung zu Jack the Ripper oder Carl Feigenbaum .
Am 4. Dezember 1890 wurde in einem Waldstück nahe Bern der leblose Körper eines Bauernmädchens gefunden . Auch hier deutet nichts auf Feigenbaum hin .
Der Mord an einer Frau in Beuthen ( an der Oder ? ) birgt einige Probleme für Marriotts Theorie . Die Tote war keine Prostituierte , sondern die Ehefrau eines Schneiders . Sie hatte ein Verhältnis mit einem Chirurgen namens Dr. Kudelko . Zuerst wurde ihr Mann verhaftet , aber als er ein Alibi nachweisen konnte , wurde er wieder entlassen . Während ihrer Ermittlungen stieß die Polizei auch auf den Arzt . Auch er wurde festgenommen . Die Tatsache , daß ihr Gesicht angegriffen wurde , weist darauf hin , daß sie den Täter eventuell gekannt hat . Die Verletzungen an ihrem Körper scheinen von jemandem „ geschickt ausgeführt“ worden zu sein . Auch der Umstand , daß die Leiche direkt hinter dem Kranken –
haus gefunden wurde , an dem Dr. Kudelko arbeitete , weist auf eine tragische Dreiecks –
beziehung  hin . Marriotts Problem ist jetzt , daß diese Frau erst drei Tage nach Brown getötet wurde .Lawton hat den Mord an Brown als Beweis gegen Feigenbaum angeführt , daß dieser der Ripper ist . Nun muß Marriott diese Tat zugunsten des Beuthen  - Falls fallen lassen . Wenn dieses Verbrechen aber eine Beziehungstat war , dann gibt es keine Verbindung zu Feigenbaum . Also ändert er das Datum vom 27.4.1891 auf den 28.4.1890 .
Am 25. Oktober 1891 wurde die Prostituierte Hedwig Nitsche in der Holzmarktgasse im nördlichen Teil von Berlin ermordet . Sie betrat gerade mit einem Freier ihre kleine Keller –
wohnung , als der Mann sie mit einem Messer angriff . Zur gleichen Zeit kam die ebenfalls als Prostituierte arbeitende und das gleiche Zimmer benutzende Frau Mueller mit einem Kunden nach Hause und öffnete die Tür . Der Mörder konnte die Mueller , den Kunden und die Haus- wirtin , eine Frau namens Poetsch , zur Seite stoßen und davonlaufen . Eine Weile verfolgten sie ihn noch , dann entkam er leider . Hedwig Nitsche lag indessen mit einem Kehlschnitt in ihrem eigenen Blut am Boden . Der Täter wurde beschrieben , als etwa 20 Jahre alt , von mittlerer Größe , mit blondem Haar und Schnurrbart . Dies war offensichtlich nicht Feigen –
baum . Marriott erklärte zuerst , daß es keine Beschreibung gegeben hätte , meinte aber später, daß zwar eine existierte , diese aber nicht mit Feigenbaum übereinstimmte . Allerdings sei der ganze Ripper – Fall voller ungenauer und irreführender Beschreibungen . Da es mehrere Augenzeugen gab , finde ich , sollte man die Fakten nicht so leichtfertig abtun , nur weil sie ein Loch in die eigene Theorie reißen .
Weil Feigenbaum viel durch die USA gereist ist und Marriott glaubt , daß dieser überall dort getötet hat , wo er gerade hinkam , sind die Morde in Amerika ein wichtiger Punkt in Marriotts Darstellung von dem deutschen Seemann . Leider kann er sie in keinster Weise mit dem Deutschen in Verbindung bringen . Die Liste von Morden , die Feigenbaum laut Marriott begangen haben soll , umfaßt nicht nur Prostituierte , sondern auch Hausfrauen und junge Mädchen . Die Tatwerkzeuge waren zwar überwiegend Messer , aber auch eine Axt und die bloßen Hände . Einige Verbrechen sind nie geschehen , nur in den Köpfen von Zeitungs –
reportern . Einem einzelnen Mann alle diese Taten anzudichten , schlägt fehl . Es gibt außer –
dem andere Verdächtige für diese genannten Fälle , die weit mehr passen als Feigenbaum und von denen tatsächlich auch einige zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt wurden . Marriott erklärt , daß es nach der Verhaftung Feigenbaums 1894 keine weiteren Ripper – Morde mehr gegeben hat . Dies ist einfach nicht wahr . Morde , die JtR zugeschrieben  wurden und die seinen Namen zurück in Erinnerung riefen , gab es rund um die Welt bis ins nächste Jahrhundert hinein . Ein Beispiel dafür ist die Ermordung und Verstümmelung der Prostituier-
ten Sarah Martin 1903 in New York , wobei dieser Fall später gelöst wurde .

Fazit


War Carl Feigenbaum der Ripper ? Es scheint unwahrscheinlich . Dem Wort von William Lawton , auf dem der ganze Fall beruht , ist nicht zu vertrauen . Ein eventuelles Geständnis hat , außer ihm niemand gehört . Der Beichtvater lehnte einen Kommentar dazu ab . Eine Verbindung nach Whitechapel konnte nicht geknüpft werden . Einige Taten erwiesen sich als Zeitungsenten .
Marriott argumentiert , daß es für Lawton keinen Sinn macht , sich die Geschichte auszudenken . Was hätte er damit gewonnen ? Das sind Fragen , die wir nicht beantworten können .
Trevor Marriott hat zuerst einen Fall um einen Seemann konstruiert , der dann später ein Deutscher wurde . Schließlich entdeckte er in Feigenbaum den idealen Mann für seine Theorie . Hätte es ein deutscher Matrose sein können , oder ein amerikanischer , oder ein portugiesischer , oder ein malaiischer ? Selbstverständlich ! Hätte es ein Metzger , Bäcker , Kesselflicker , Schneider , Bettler oder Dieb sein können ? Selbstverständlich ! Hätte es Carl Feigenbaum sein können ? Nicht mit diesem völligen Mangel an Beweisen !
Wunschdenken löst dieses Rätsel nicht .

Offline Isdrasil

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Re: Carl Ferdinand Feigenbaum
« Antwort #1 am: 01.10.2008 13:26 Uhr »
So, endlich mal gelesen...

Mensch, super, Stordfield – tolle Arbeit  :icon_thumb:
Habe den Feigenbaum schon beim Casebook noch nie durch gelesen, deswegen umso schöner, dass Du uns eine deutsche Übersicht bietest und ihn hier vorstellst! Echt klasse! :icon_wink:

Werde mal über den Kerl und die Theorie nachdenken.

Grüße, Isdrasil

Mort

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Re: Carl Ferdinand Feigenbaum
« Antwort #2 am: 01.10.2008 14:01 Uhr »
Klasse, Stordfield :icon_thumb: Hast Dich ja richtig ins Zeug gelegt.
Ich war schon immer an dieser Matrosen Theorie interessiert. Von diesem Ripper ähnlichen Mord in Flensburg hab ich zwar auch schon gehört wusste aber nict, dass man den unter anderem mit diesem Carl Feigenbaum in Verbindung bringt.

Offline thomas schachner

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Re: Carl Ferdinand Feigenbaum
« Antwort #3 am: 01.10.2008 17:36 Uhr »
 :icon_thumb: :icon_thumb: :icon_thumb:
<~> any propaganda is good propaganda, as long as they spell your name right <~>

Offline academyfightsong

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Re: Carl Ferdinand Feigenbaum
« Antwort #4 am: 02.10.2008 12:05 Uhr »
Hey, gute Arbeit Stordfield.  :icon_thumb: Wo kann ich den Artikel im Original lesen? Nicht weil ich nach Fehlern in deiner Übersetzung suchen möchte, sondern nur um Vanderlinden wegen Urheberrechtsverletzung zu verklagen.  :icon_wink:

Stordfield

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Re: Carl Ferdinand Feigenbaum
« Antwort #5 am: 02.10.2008 12:52 Uhr »
Hallo AFS !

Der Artikel steht im Casebook .

Gruß Stordfield

Offline Chris Jd

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Re: Carl Ferdinand Feigenbaum
« Antwort #6 am: 03.10.2008 10:46 Uhr »
Der "Feigenbaum", um den's bei Marriott geht,  benutzt hier angeblich den Namen eines Kollegen und heißt in Wirklichkeit "Zahn" oder so.
Siehe auch Vanderlinden auf casebook.

Christian

Stordfield

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Re: Carl Ferdinand Feigenbaum
« Antwort #7 am: 03.10.2008 11:27 Uhr »
Hallo !

Ja , Zahn eventuell Zahm oder auch Strohband .

Gruß Stordfield

Offline Isdrasil

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Re: Carl Ferdinand Feigenbaum
« Antwort #8 am: 14.10.2008 13:25 Uhr »
Hi

Wie kommt man eigentlich darauf, zwischen den Namen "Zahn", "Strohband" und "Feigenbaum" eine Verbindung herzustellen?
Kann mir das mal jemand schlüssig erklären, wie so etwas (auch speziell bei diesem Fall) zustande kommt?

Dankeschön!

Grüße, Isdrasil

Stordfield

  • Gast
Re: Carl Ferdinand Feigenbaum
« Antwort #9 am: 14.10.2008 14:32 Uhr »
Hallo !

Da müßte man mal den Autor Trevor Marriott befragen . Auf Strohband kam er wohl , weil die Schwester von Feigenbaum so hieß .
Leider  ( ? ) habe ich das Buch The 21st Century Investigation nicht gelesen , aber vielleicht einer von Euch . Eventuell erklärt er darin ja seine Hypothesen genauer .

Gruß Stordfield

Offline Isdrasil

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Re: Carl Ferdinand Feigenbaum
« Antwort #10 am: 14.10.2008 18:56 Uhr »
Hm...hört sich ja wieder ein wenig hingebastelt an. Aber ich habe das Buch auch noch nicht gelesen, warte also gerne mit - vielleicht kennts ja mal jemand.  :icon_wink:

Ich finde es aber öfters schon ein wenig komisch, wie manche Schlussfolgerungen gezogen werden. So Namensvariationen wie Tumblety und Tumuelty sind ja noch nachvollziehbar. Aber Zahn und Feigenbaum? Finde ich immer wieder fantastisch. Aber lasse mich da gerne überzeugen.

schnecke

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Re: Carl Ferdinand Feigenbaum
« Antwort #11 am: 15.10.2008 18:03 Uhr »


Hallo Stordfield

erstmal danke und  :icon_thumb:
das ist ja eine sehr gute Arbeit.

Habe erst jetzt geschafft den Text zu lesen und muß sagen das ich Feigenbaum nicht wirklich in die Richtung der Verdächtigen geschoben habe, mir jetzt aber Gedanken mache.
Auch wenn ich, da ich den Text nun ein zweites Mal gelesen habe, auch zu dem Entschluß komme, das er wahrscheinlich nicht "der Gesuchte" ist. Es gibt zwar viele Paralellen, da aber hier nur die Aussage von zweiten und dritte gemacht wurde, ist sie meines erachtens fragwürdig.
Es ist anscheinend der Versuch etwas mit kleinen Ausschmückungen und Lügen pausibel zu machen, was eh schon fragwürdig war. Das ist meine Meinung. Aber interessant finde ich schon, das der Herr Marroit auf solche Verknüpfungen hinweisen will.

Gruß Schnecke


JohnEvans

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Re: Carl Ferdinand Feigenbaum
« Antwort #12 am: 16.10.2008 17:02 Uhr »
Falls der Ripper nicht mit zunehmenden Alter immer kränker, wirrer und vor allem blöder geworden ist, dann gibt es keinen Grund anzunehmen, daß dieser stümperhafte Angriff auf das arme Opfer durch den uns bekannten Täter erfolgt sein sollte.

JE

Offline esm

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Re: Carl Ferdinand Feigenbaum
« Antwort #13 am: 19.10.2008 16:47 Uhr »
Marriotts Buch habe ich auch nicht gelesen und kann mir demzufolge auch kein Urteil erlauben.

Ich habe aber vor langer Zeit auch mal etwas Zeit in diese angeblichen deutschen Morde gesteckt. Naja, auf jeden Fall war ich mal kurz in Kontakt mit Marriott und seine Herangehensweise - alleine in Bezug auf die deutschen Morde, zum Rest des Buches kann ich nix sagen - fand ich hanebüchen. Vanderlinden hat sich in seinem Artikel bzgl. des Flensburg-Falls aber auch nicht mit Ruhm bekleckert, da er hier einfach im Prinzip für ihn nicht verifizierbare Foren-Beiträge zitiert.

Anbei ein Artikel zu Nitsche, den Rest bin ich zu faul zu scannen. Alle offiziellen Dokumente zu diesem Mord existieren leider nicht mehr.


Offline Chris Jd

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Re: Carl Ferdinand Feigenbaum
« Antwort #14 am: 19.10.2008 19:22 Uhr »
Leider hat Marriott einige so abstruse Thesen (Eddowes' Schürze als Binde z.B.), dass es schwer fällt, seine anderen Behauptungen ernstzunehmen.

In seinem neusten Werk (Evil within) "belegt" er seine Auffassung, dass die Organe nicht vom Täter, sondern heimlich vor den Obduktionen von Mortuary-Assistenten entfernt worden sind (um sie zu verkaufen) mit Farbfotos einer Obduktion. Ich muss sagen, dass es in so ner geöffneten Bauchdecke ziemlich unübersichtlich aussieht. Und die Niere ist auch super versteckt. Selbst nen Uterus als solchen zu erkennen erfodert Erfahrung. Das ganze mit unhandlicher 6'' Klinge nahezu unmöglich.

Hat mich also beeindruckt, aber wie eingangs gesagt, versaut er sichs mit anderen Statements wie z.B. dem oben Angeführten oder dem, was er grad im casebook über Phils Pic und die genaue Lage der Leiche wiedergab.

Schade

Christian