Autor Thema: Jacob Levy  (Gelesen 292724 mal)

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Re: Jacob Levy
« Antwort #225 am: 08.06.2016 11:52 Uhr »
Arthur, das erste Buch kam gestern an:

Robin Odell- Jack The Ripper- In Fact And Fiction, New And Revised Edition von 2008 (Erstausgabe 1965)!

Während der Fussball Europameisterschaft werde ich dieses Buch nebenher lesen und mal schauen, was es mit der "The Slaughterman" Theorie wirklich auf sich hat und ob damit die Jacob Levy Theorie noch mehr unterstützt werden kann.

Die andere beiden Bücher lassen noch auf sich warten.

Gruße, Lestrade.
Wer wartet mit Besonnenheit, der wird belohnt zur rechten Zeit...

Offline Arthur Dent 2

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Re: Jacob Levy
« Antwort #226 am: 08.06.2016 21:22 Uhr »
Hallo Lestrade,

ich bin beruflich immer noch stark in Beschlag genommen, daher beneide ich dich ein bisschen dafür:

Zitat
Während der Fussball Europameisterschaft werde ich dieses Buch nebenher lesen und mal schauen, was es mit der "The Slaughterman" Theorie wirklich auf sich hat und ob damit die Jacob Levy Theorie noch mehr unterstützt werden kann.

Bin jedenfalls gespannt, was du über Odells Buch berichten kannst.


Da ich gerade etwas Luft habe, aber nun mal kurz zurück zum Fall Stride:

Zitat
Am liebsten würde ich sagen, BS Man war der Killer und er hätte die Zeit gehabt, seine 10 Minuten (wie, vielleicht, bei Chapman und mit Sicherheit bei Eddowes) zum Verstümmeln bevor Diemschütz eintraf. Aber sie wurde nicht verstümmelt. Störte noch etwas oder jemand zwischen 00.45 Uhr und 01.00 Uhr? BS Man hätte mit rechnen müssen, dass Schwartz und Pipeman mit Hilfe zurückkehrten. Hätte er Sie dann überhaupt erst getötet? Sinn macht jemand, der das Szenario vorher gar nicht mitbekam bzw. so einschätzen konnte, dass niemand von beiden oder von allen dreien zurückkehren würde. Deshalb halte ich eher (ich sage das mit Vorsicht) den Mann vom PC Smith als auch einen gänzlich unbekannten Mann für den Killer und somit Jack the Ripper.


Mir geht es da ähnlich, der Fall hat auch für mich ein paar seltsame Facetten:

Sehen wir mal davon ab, dass manche Ripperologen Stride nicht für ein Ripper-Opfer halten, sondern gehen wir davon aus, dass es tatsächlich JTR war (was auch meine These ist).

Zunächst einmal halte ich es für unwahrscheinlich, dass JTR seine Opfer noch längere Zeit in der Öffentlichkeit ausführte und den Kavalier spielte, so mit spazierengehen und etwas spendieren, bevor es zur Sache ging.
Erstens hasste er diese Art von Frauen, und dann längere Zeit auf nett machen müssen und Geld ausgeben für sie? Er hätte sehr viel Selbstbeherrschung und Schauspielkunst aufbringen müssen, um das glaubhaft zu überspielen, damit die Opfer nichts merken. Bei einem Täter, der wahrscheinlich noch psychische Probleme hatte, nur schwer vorstellbar (anders, wenn wir von einem Psychopathen ausgehen würden).
Zweitens: Warum hätte er sich diese Mühe machen sollen, wenn er bei einer Prostituierten in ständiger Geldnot auch schneller hätte zum Ziel kommen können?
Drittens hätte das längere Herumflanieren in der Öffentlichkeit das Risiko von jemandem wiedererkannt zu werden, zu stark erhöht.

Daher glaube ich nicht, dass JTR jener beschriebene Mann war, der mit Stride früher in der Nacht gesehen wurde. Da bin ich schon eher geneigt zu glauben, JTR habe irgendwo in der Berner Street gelauert und sich Stride gegriffen, als ihr bisheriger Begleiter sie verlassen hatte...


Zitat
Und Packer antwortete auf eine Frage, wo denn sein Verdächtiger lebe mit "in der Straße nebenan/ in der nächsten Straße". Aaron Kozminski war diese Ecke sicherlich besonders vertraut. Seine Familie könnte schlimmes geahnt haben, als genau dort die Mordserie ihre Fortsetzung fand... würde ein Aaron Kozminski dort, genau dort, sich so lange mit einem seiner Opfer gezeigt haben?

Genau das frage ich mich ja auch.
Ich weiß, Packer hat erzählt, der Begleiter von Stride sei ihm ein paar Tage später wieder in der Commercial Road über den Weg gelaufen, habe ihn beobachtet und bedrohlich angesehen - offenbar um ihn einzuschüchtern. Aber mir widerstrebt die Vorstellung, JTR hätte bei einem Händler, der ihn vom Sehen kannte, mit seinem künftigen Opfer Trauben gekauft, um sie dann kurze Zeit später wenige Meter weiter umzubringen. Nun ja: Hängt natürlich davon ab, wie weit unser Täter schon psychisch zerrüttet war...

Aber wenn Packer den Mann tatsächlich vom Sehen kannte und wusste, dass er in unmittelbarer Nähe wohnte, wieso konnte er dann nicht identifiziert werden? Wieso wurde Packer dann auch polizeiintern als unzuverlässiger Zeuge abgetan?

Was mir auch nicht einleuchtet:
Wenn die Aussage von Schwartz stimmt, und der Mann Stride zu Boden stieß, warum ging Stride dann noch mit ihm in den Yard? War dieser Mann gar nicht JTR, sondern der frühere Begleiter, der sich gerade im Streit von ihr trennte, oder hatte der Mann, vermutlich betrunken, sie einfach nur angerempelt - und JTR kam unmittelbar danach? Immerhin sagte selbst Schwartz, dass Stride nicht besonders heftig reagierte, nicht so, als fühle sie sich ernsthaft bedroht.
War vielleicht JTR selbst ein Besucher des Clubs gewesen, der gerade durch die Hintertür hinaus in den Yard ging, aus dem Dunkel heraus zufällig diese Szene sah, und die günstige Gelegenheit nutzen wollte? Er sieht, dass jener Mann sie im Streit verlässt, geht hin, hilft ihr auf, fragt ob alles in Ordnung ist und ob sie was trinken will und schlägt ihr vor, mit durch die Hintertür in den Club zu kommen. Er führt sie in den Yard, und sobald sie im Dunkeln sind, schlägt er zu - aber da hört er schon wieder jemanden kommen...
Sicher: Nur eine Spekulation. Aber für mich plausibler als die Vorstellung, JTR würde eine Stunde lang zusammen mit einem künftigen Opfer öffentlich durch die Straßen laufen, bei einem Mann, der ihn vom Sehen her kennt, Obst für die Frau kaufen, sich dann auch noch bei einer Auseinandersetzung beobachten lassen und Stride trotzdem noch töten, statt sich eine andere zu suchen.


MfG, Arthur Dent
« Letzte Änderung: 08.06.2016 21:38 Uhr von Arthur Dent 2 »

Offline Lestrade

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Re: Jacob Levy
« Antwort #227 am: 08.06.2016 22:34 Uhr »
Hi Arthur,

ich bin beruflich immer noch stark in Beschlag genommen, daher beneide ich dich ein bisschen dafür:

Das geht nun einmal vor... man kann immer nur soviel machen, wie gerade geht...

Zunächst einmal halte ich es für unwahrscheinlich, dass JTR seine Opfer noch längere Zeit in der Öffentlichkeit ausführte und den Kavalier spielte, so mit spazierengehen und etwas spendieren, bevor es zur Sache ging.
Erstens hasste er diese Art von Frauen, und dann längere Zeit auf nett machen müssen und Geld ausgeben für sie? Er hätte sehr viel Selbstbeherrschung und Schauspielkunst aufbringen müssen, um das glaubhaft zu überspielen, damit die Opfer nichts merken. Bei einem Täter, der wahrscheinlich noch psychische Probleme hatte, nur schwer vorstellbar (anders, wenn wir von einem Psychopathen ausgehen würden).
Zweitens: Warum hätte er sich diese Mühe machen sollen, wenn er bei einer Prostituierten in ständiger Geldnot auch schneller hätte zum Ziel kommen können?
Drittens hätte das längere Herumflanieren in der Öffentlichkeit das Risiko von jemandem wiedererkannt zu werden, zu stark erhöht.

Daher glaube ich nicht, dass JTR jener beschriebene Mann war, der mit Stride früher in der Nacht gesehen wurde. Da bin ich schon eher geneigt zu glauben, JTR habe irgendwo in der Berner Street gelauert und sich Stride gegriffen, als ihr bisheriger Begleiter sie verlassen hatte...

Das ist ja auch erst einmal der richtige Ansatz, denke ich...

Genau das frage ich mich ja auch.
Ich weiß, Packer hat erzählt, der Begleiter von Stride sei ihm ein paar Tage später wieder in der Commercial Road über den Weg gelaufen, habe ihn beobachtet und bedrohlich angesehen - offenbar um ihn einzuschüchtern. Aber mir widerstrebt die Vorstellung, JTR hätte bei einem Händler, der ihn vom Sehen kannte, mit seinem künftigen Opfer Trauben gekauft, um sie dann kurze Zeit später wenige Meter weiter umzubringen. Nun ja: Hängt natürlich davon ab, wie weit unser Täter schon psychisch zerrüttet war...

Aber wenn Packer den Mann tatsächlich vom Sehen kannte und wusste, dass er in unmittelbarer Nähe wohnte, wieso konnte er dann nicht identifiziert werden? Wieso wurde Packer dann auch polizeiintern als unzuverlässiger Zeuge abgetan?

The Illustrated Police News, 10 November 1888:

Mr Matthew Packer, who keeps a fruit shop near the gateway where the Berner Street murder was committed, stated on Wednesday that he felt just then greatly alarmed owing to his having seen a man exactly like the one who bought some grapes from him for the murdered woman Stride, a short time before the murder was committed. He alleges that he had often seen the man before the murder, as well as the woman; but he had not seen anyone resembling the man since the murder ___ Saturday night. He was then standing with his fruit stall in the Commercial Road when he observed the man staring him full in the face. After passing and repassing him several times, the man got into the roadway and looked at him in a menacing manner. Packer was so terrified that he left his stall and asked a shoeblack, who was near, to keep his eye on the man. His fear was that the fellow was going to stab him. No sooner, however, had he called the shoeblack's attention to the man than the latter ran away and jumped onto a passing tramcar.

Das bezog sich auf eine Meldung der Evening News vom 31 Oktober 1888:

"Between seven and eight o'clock, on Saturday evening last, I was standing with my barrow at the corner of Greenfield-street, Commercial-road, when I saw a man pass by on the opposite side of Greenfield-street, near the watchmaker's shop. I recognized him in a minute as the man I had seen outside my shop on the night when Elizabeth Stride was murdered in Berner-street. It was the man who bought the grapes and gave them to the woman that was afterwards found murdered in the yard. I shall never forget his face, and should know him again amongst a thousand men."

Mittwoch war der 31 Oktober, wiedergesehen hat er ihn am Samstag den 27 Oktober. Es gab noch weitere "Sichtungen" durch Packer, schau mal hier:

http://www.jtrforums.com/showthread.php?t=5311

Packer stand am untersten Ende der Greenfield Street, der Straße, in der Aaron Kozminskis Geschwister lebten (Isaac und Matilda). Packer hatte seinen Verdächtigen das letzte Mal am 29/30 September gesehen und dann eben erst wieder am 27 Oktober. So wie es aussieht, sah er ihn dann nochmal nach dem Kelly Mord eine Frau ansprechen (siehe JTRForums Link) und das geschah zu der Zeit, als ihm ein Mann erzählte, dass sein Cousin der vermeintliche Mörder sein könnte. (Später wurde Packer sogar einmal angegriffen).

Im Oktober, als Packer ihn wiedersah, könnte, falls Kozminski dieser Verdächtige war (und der Batty Street Verdächtige), eben jener noch unter Polizei Observation gestanden haben. Um den 10 November, die Sache mit einer erneuten Sichtung und der Cousin Geschichte, könnte jener Verdächtige vielleicht gar nicht lokalisiert worden sein und es gab vielleicht Nachfragen bei Packer (erneut durch die Polizei und durch Angehörige des Mannes), weil der Verdächtigte irgendwie untertauchte. Spekulation...

Swanson hielt die Angaben von Packer für nahezu wertlos. Ich weiß nicht, wie das zu bewerten ist. Grand, der Packer ja erst richtig aufspürte, war ein richtig Krimineller, vielleicht trauten sie der ganzen Geschichte nicht gänzlich ohne Packer dabei abzuwerten. Ich weiß es nicht...

Die Taktik der Polizei bezüglich Packer, kennen wir ja nicht. Vielleicht hatten sie bei Packer eine andere Vorgehensweise. Vielleicht ist es ja möglich, dass sie Packer den Hinweis gaben, sich am Ende der Greenfield Street geschäftlich zu postieren und die Leute zu beobachten, könne ja sein, er erkennt jemanden wieder... bestand Packer auf 23.30 Uhr, dann lautete sein Beweis: 1,5 Stunden vor ihrer Ermordung... ungünstig... wenn dieser Verdächtige jedoch auch der Mann vom PC am Mitre Square gewesen war (jedoch nur wage erkannt), dann hatte dieser Verdächtige erst einmal ein großes Problem... und wäre ein ernsthafter Verdächtiger gewesen...

Was ich mich immer wieder frage ist, warum Packer, der einen kleinen Laden führte, sich mit seinen Sachen an die unterste Ecke der nächst höherliegende Straße bewegte... 60-70m von seinem Geschäft weg... könnte das eine "Anweisung" der Polizei gewesen sein?

Was mir auch nicht einleuchtet:
Wenn die Aussage von Schwartz stimmt, und der Mann Stride zu Boden stieß, warum ging Stride dann noch mit ihm in den Yard? War dieser Mann gar nicht JTR, sondern der frühere Begleiter, der sich gerade im Streit von ihr trennte, oder hatte der Mann, vermutlich betrunken, sie einfach nur angerempelt - und JTR kam unmittelbar danach? Immerhin sagte selbst Schwartz, dass Stride nicht besonders heftig reagierte, nicht so, als fühle sie sich ernsthaft bedroht.
War vielleicht JTR selbst ein Besucher des Clubs gewesen, der gerade durch die Hintertür hinaus in den Yard ging, aus dem Dunkel heraus zufällig diese Szene sah, und die günstige Gelegenheit nutzen wollte? Er sieht, dass jener Mann sie im Streit verlässt, geht hin, hilft ihr auf, fragt ob alles in Ordnung ist und ob sie was trinken will und schlägt ihr vor, mit durch die Hintertür in den Club zu kommen. Er führt sie in den Yard, und sobald sie im Dunkeln sind, schlägt er zu - aber da hört er schon wieder jemanden kommen...
Sicher: Nur eine Spekulation. Aber für mich plausibler als die Vorstellung, JTR würde eine Stunde lang zusammen mit einem künftigen Opfer öffentlich durch die Straßen laufen, bei einem Mann, der ihn vom Sehen her kennt, Obst für die Frau kaufen, sich dann auch noch bei einer Auseinandersetzung beobachten lassen und Stride trotzdem noch töten, statt sich eine andere zu suchen.

Ihre Reaktion war nicht wirklich panisch, so wie es jedenfalls Schwartz beschrieb. An einen Besucher des Clubs dachte ich auch schon öfters.

Glauben wir Packer, der dann tatsächlich noch einmal diesen Mann eine Frau ansprechen sah, dann wäre das von diesem Täter, falls denn überhaupt Jack the Ripper, schon äußerst dreist oder wirklich verrückt gewesen (falls er Packer und die anderen mitbekam). Denke an Cox, obwohl Cox der Meinung war, dass dieser Mann sich verfolgt fühlte, sprach er in der beschrieben Cox -Nacht noch zwei Frauen an und stieß eine davon sogar weg. Also rein hypothetisch, wenn das ein- und derselbe Mann war und vielleicht Jack the Ripper, dann war er auf gewisse Art und Weise nicht wirklich vorsichtig. In diesem Falle würde ich mich nicht wundern, wenn er eine halbe Stunde mit einem Opfer in der Gegend herumgestanden hätte. Nichts ist unmöglich, vermute ich.

Gruß, Lestrade.
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Offline Arthur Dent 2

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Re: Jacob Levy
« Antwort #228 am: 09.06.2016 00:08 Uhr »
Hallo Lestrade!


Ich habe mir diese beschriebene Situation gerade mal aus der anderen Perspektive vorgestellt:

Zitat
He was then standing with his fruit stall in the Commercial Road when he observed the man staring him full in the face. After passing and repassing him several times, the man got into the roadway and looked at him in a menacing manner.

Gehen wir einmal davon aus, dass Packers Aussage wahr ist - so muss das noch nicht unbedingt heißen, dass dieser Mann, den er wiedererkannte, der Mörder war, der ihn einschüchtern wollte.
Wenn ich mir vorstelle, ich wäre der Typ gewesen, der kurz vor JTRs Mord noch mit Stride zusammen war, und dann muss ich erfahren, dass dieser alte Mann der Polizei und der Presse meine Beschreibung als mutmaßlicher Ripper gegeben hat - da wäre ich ziemlich wütend auf den alten Mann, schließlich war die Hysterie im Viertel nicht weit von Lynchjustiz entfernt. Und falls ich ihn auf der Straße wiedergesehen hätte, wäre mein Blick für ihn sicher auch beängstigend gewesen. Er hätte mit Sicherheit auch ausgesagt: Halt die Klappe, alter Mann! Wenn du mir Ärger machst, werde ich richtig sauer!


Zitat
Was ich mich immer wieder frage ist, warum Packer, der einen kleinen Laden führte, sich mit seinen Sachen an die unterste Ecke der nächst höherliegende Straße bewegte... 60-70m von seinem Geschäft weg... könnte das eine "Anweisung" der Polizei gewesen sein?

Ich vermute mal eher einen ganz trivialen Grund: Die Commercial Road war eine wichtige Durchgangsstraße mit vielen Passanten und Berufsverkehr - hier konnte Packer zu bestimmten Zeiten mehr Umsatz mit Laufkundschaft machen als in seinem Laden der Berner Street. Er kam gewissermaßen seinen Kunden entgegen. Wer macht schon einen Umweg in eine Nebenstraße, um Obst zu kaufen, wenn es auch an der Hauptstraße solche Händler gibt? Also stellte sich Packer mit einem Obstkarren dahin, wo mehr potentielle Kunden vorbeikamen.


MfG, Arthur Dent

Offline Lestrade

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Re: Jacob Levy
« Antwort #229 am: 09.06.2016 16:20 Uhr »
Hallo Arthur!

Gehen wir einmal davon aus, dass Packers Aussage wahr ist - so muss das noch nicht unbedingt heißen, dass dieser Mann, den er wiedererkannte, der Mörder war, der ihn einschüchtern wollte.
Wenn ich mir vorstelle, ich wäre der Typ gewesen, der kurz vor JTRs Mord noch mit Stride zusammen war, und dann muss ich erfahren, dass dieser alte Mann der Polizei und der Presse meine Beschreibung als mutmaßlicher Ripper gegeben hat - da wäre ich ziemlich wütend auf den alten Mann, schließlich war die Hysterie im Viertel nicht weit von Lynchjustiz entfernt. Und falls ich ihn auf der Straße wiedergesehen hätte, wäre mein Blick für ihn sicher auch beängstigend gewesen. Er hätte mit Sicherheit auch ausgesagt: Halt die Klappe, alter Mann! Wenn du mir Ärger machst, werde ich richtig sauer!

Diese Perspektive ist sicherlich näher an der Wahrheit, gerade dann, wenn Packer tatsächlich das Pärchen zuletzt um 23.30 Uhr sah. Zeugenbeschreibungen hin oder her, Kopfbedeckungen hin oder her, wir hatten das neulich ja wieder einmal, für mich und wahrscheinlich auch für dich ist nichts unmöglich, gerade wenn man sich Aufnahmen aus der damaligen Zeit ansieht. Howard Brown hat diese Videos im JTRForums veröffentlicht:

https://www.youtube.com/watch?v=lQV1_B63LTM#t=293.533476

https://www.youtube.com/watch?v=SXxuNncWq4s

https://www.youtube.com/watch?v=1e8hnCRrGoE

Vielleicht übertreibe ich auch aber auf mich wirken die Menschen damals sehr uniform.

Von den drei Beschreibungen Ende 1888 durch PC Smith, Schwartz und Lawende blieb im Sommer 1890 nur die von Lawende übrig. So scheint es via Swanson am Ende gewesen zu sein.

Ich vermute mal eher einen ganz trivialen Grund: Die Commercial Road war eine wichtige Durchgangsstraße mit vielen Passanten und Berufsverkehr - hier konnte Packer zu bestimmten Zeiten mehr Umsatz mit Laufkundschaft machen als in seinem Laden der Berner Street. Er kam gewissermaßen seinen Kunden entgegen. Wer macht schon einen Umweg in eine Nebenstraße, um Obst zu kaufen, wenn es auch an der Hauptstraße solche Händler gibt? Also stellte sich Packer mit einem Obstkarren dahin, wo mehr potentielle Kunden vorbeikamen.

Auch diese Perspektive ist wohl eher die Wahrheit.

Was mich eben weiterhin wachsam sein lässt, sind eben jene Kosminski Konstellationen um den Stride Tatort herum. Aaron Kozminski muss mit seinem Bruder Woolf 1882, nach ihrer Ankunft, in der 38 Berner Street gelebt haben. Er ist der einzige Kosminski, der zu der Zeit der Morde in Colney Hatch landete. War er tatsächlich dieser Verdächtige "Kosminski", dann kann man ihn direkt in Verbindung mit dem Dutfields Yard bringen, einem Tatort. Irgendwie blieb das eben auch 1888 so, mit der Adresse in der 25 Providence Street. Denn das war nur 1 Minute Fußweg von diesem Yard entfernt. Nicht nur Packers "nächste Straße" könnte die Providence Street gewesen sein sondern auch die Greenfield Street, wo eben noch zwei weitere Geschwister lebten. Und genau da, will Packer seinen Verdächtigen wiedergesehen haben. Dazu kommt, dass Woolf nach dem Double Event aus der Providence Street wegzog. 1891, nach Aaron Kozminski´s Einweisung, zogen dann auch Isaac und Matilda aus der Greenfield Street weg, Woolf zog es dann nach weiter nach Manchester (dahin, wo Jacob Cohen herkam). Als "Kosminski- Anhänger" und aufgrund dieser Konstellationen bin ich eben geneigt zu denken, dass Packer eben tatsächlich Aaron Kozminski zwischen 23 Uhr und 23.30 Uhr mit Stride gesehen haben könnte. Um 00.30 Uhr muss das nicht mehr der selbe Mann gewesen sein, den dann PC Smith sah. Es muss auch nicht BS Man gewesen sein (gesehen durch Schwartz um 00.45 Uhr), welchen Packer um 23.30 Uhr letzmalig sah, dieser muss auch nicht der Mann von PC Smith gewesen sein sondern eben ein dritter Mann. Ich habe bei BS Man immer meine Zweifel, da er damit rechnen musste, dass Pipeman und Schwartz mit einem Polizisten oder anderer Verstärkung wiederkommen könnten. Wahrscheinlicher ist wohl ein vierter Mann, der um kurz vor 1 Uhr auftauchte, von wo auch immer, dann aber durch die Ankunft von Diemschütz gestört wurde. Macnaghten "brachte" die drei jüdischen Männer aus der Duke Street (also Lawende, Levy und Harris) in seinen Aussagen einmal in die Berner Street/ Dutfields Yard. So wird es allgemein angenommen. Ich frage mich jedoch, ob er damit nicht Schwartz/ Diemschütz und/oder Pipeman/BS Man meinte. Die ersten beiden waren ja auch Juden...

Man kann diese ganzen Möglichkeiten durchspielen, immer und immer wieder... aber sah Packer tatsächlich Kosminski um 23.30 Uhr letztmalig und das mit Stride, dann muss die Polizei es in Betracht gezogen haben, dass eben jener Kosminski um 1 Uhr erneut dort auftauchte. Wir wissen, dass Kosminski derjenige war, der dem Verdächtigen vom PC am Mitre Square ähnelte. Wir wissen, dass die blutige Wäsche in der Batty Street genau zwischen den beiden Straßen Greenfield Street und Providence Street entdeckt wurde und das es diesbezüglich eine Observation gegeben hat. Wir wissen auch, dass die Polizei diese Wäsche einer uns unbekannten Person zuordnen konnte. Das sind alles Gründe, warum ich bezüglich Packer immer wachsam bleiben werde. Ich sehe das dennoch nicht als 100,90 oder 80prozentige Chance aber als gute 50:50 Chance an.

Diese drei Locations und das so nahe, also die Adressen von Isaac und Matilda in der Greenfield Street und die von Woolf in der Providence Street (und etwas später der Yalford Street neben der Greenfield Street) könnten ja auch ein Hinweis sein zu den Bemerkungen von Sims und Cox, dass der Verdächtige nicht nur an einem Ort zu finden gewesen war und das eben auch nachts. Diese drei (vier) Adressen liegen dicht zusammen. Die von Isaac und Matilda in der Greenfield Street sogar gegenüber. Und Cox nutzte einen Shop gegenüber dem des Verdächtigen. So einfach war das sicherlich nicht zu finden, gerade in einem solchen Falle. Und hierbei könnte Matilda geholfen haben. Gegenüber, der Bruder, Isaac, betrieb eine Schneiderwerkstatt als Produzent. Vielleicht betrieb er im vorderen Bereich auch noch eine Art Werksverkauf, aber das weiß man nicht. Und hier greift wieder die Aussage von Mrs. Kuer, dass die Wäsche zu einem Schneider gehörte, der dort im Umkreis für das West End produzierte.

Der PC vom Mitre Square, der Seaside Home Zeuge, Mrs. Kuer und Packer sind für mich die interressantesten Zeugen. Aber wir wissen nicht genug über sie. Wir wissen zwar, dass der PC jemanden sah, der aussah wie "Kosminski" und wir wissen, dass der Seaside Home Zeuge "Kosminski" (zunächst) identifizierte aber wir wissen nicht was genau beide sahen und wo genau sie es bemerkten. Wir wissen nicht, wem die blutige Wäsche gehörte, Frau Kuer wusste das aber und wir wissen nicht, wen Packer mit Stride sah und später erneut wiedererkannt haben wollte. Der PC, der Seaside Home Zeuge als auch Mrs. Kuer sollten sehr ernst genommen worden sein und sie sprachen bzw. mussten gar die Wahrheit gesprochen haben. Bei Packer bleiben aber eben auch Zweifel.

Ich will immer verstehen, warum Anderson und Swanson so überzeugt von "Kosminski" gewesen waren. Der PC als auch der Seaside Home Zeuge haben da sicherlich ganz viel Gewicht. Aber da muss noch vieles mehr gewesen sein. Was, wenn Mrs. Kuer und Packer tatsächlich auch noch "Kosminski" sahen oder zumindest nahe Angehörige von ihm?

Aber am Ende, dass muss ich zugeben, wiederhole ich mich auch nur immer wieder.

Beste Grüße, Lestrade.
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Re: Jacob Levy
« Antwort #230 am: 10.06.2016 19:00 Uhr »
Hallo Lestrade!

Mir ist noch ein Indiz dafür eingefallen, weshalb es unwahrscheinlich ist, dass JTR vor den Morden gegenüber seinen Opfern den Kavalier mit Ausgehen und Geld ausgeben spielte:

Korrigiere mich, wenn ich mich irren sollte: Aber soweit ich weiß, fand die Polizei bei den Opfern keinen Liebeslohn. Und da in dieser Branche im Voraus kassiert wird, lässt dies m.E. nur den Schluss zu, dass JTR das Geld nach dem Mord wieder an sich nahm.
Wenn er auch den Sündensold wieder an sich nahm, weil es ihm zu schade dafür war, es in ihren Taschen zu lassen - warum hätte er seinen Opfern vor ihrem Tod irgendetwas gönnen sollen?


MfG, Arthur Dent



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Re: Jacob Levy
« Antwort #231 am: 10.06.2016 20:54 Uhr »
Hallo Arthur und danke,

Ich bin mir nicht sicher aber meine ein Brot hat damals so umgerechnet zwischen 45-50 Pfennige gekostet. Wenn ich Packer´s Angabe zu den Weintrauben sehe, dann bezahlte der Mann ca. um die 25 Pfennige für ein halbes Pfund für selbige. Ein halbes Pfund Weintrauben ist jetzt auch nicht so die Menge und er wird wohl auch selber davon gegessen haben. Ich könnte mir in so einem Falle (also falls Opfer und Ripper) nicht absolut vorstellen, dass er zusah, wie Stride alleine die Weintrauben verspeiste. Möglich ist das natürlich. Stellen wir uns aber vor, dass Packer sich in der Zeit irrte und PC Smith das gleiche Pärchen sah, dann hielt der Mann etwas in der Hand, was Packer nicht sah. So wäre es ja möglich, dass der Mann die Weintrauben selber in der Hand hielt. 

Bei allem jetzt einen Kavalier zu sehen (von "Ausgehen" mal ganz abgesehen), davon war meinerseits auch nie die Rede. Einem potentiellen Opfer mal einen Drink zu spendieren oder vielleicht auch eine handvoll Weintrauben, würde ich dem mutmaßlichen Ripper aber schon zutrauen. Wir müssen ja auch in Betracht ziehen, dass er etwas an Einkommen erzielte und über etwas Kleingeld verfügte. Ich denke, es wäre auch logisch anzunehmen, dass er viele Frauen ansprach, die glücklicherweise nicht zum Opfer wurden. Da werden sie manchmal bereits am gesuchten Örtchen gewesen sein und vielleicht hatte das Geld schon seinen Besitzer gewechselt als der Ripper gestört wurde bzw. sich gestört fühlte und das alles nicht mehr sicher war. Möglich, dass er das Geld hier und da wieder entwenden konnte aber gelang das dann in jedem Falle? Im Falle Nichols muss auch noch keine Bezahlung stattgefunden haben und ob die Blitzattacken immer nach der Bezahlung stattfanden, können wir vermuten aber wissen tun wir es nicht. Nimm BS Man, da fällt es mir schwer (falls der Mörder), dass man noch über Geld verhandelt hatte, nachdem er sie attackiert hatte. Ein Blowjob kostete wohl einen Shilling, also 100 Pfennige. Das er hier und da mal einen Shilling verlor, da machen 12-13 Pfennige in Weintrauben anteilsmäßig für Stride wohl nicht viel aus.

Auch wenn er von seinen Opfern angesprochen wurde, er musste etwas mit ihnen kommunizieren, bis ein geeigneter Ort gefunden wurde bzw. diese zugänglich wurden. Der Ripper gehörte sicherlich zu den Menschen, wo sich die Zunge erst nach etwas Alkohol löst. Bevor er auf Opfersuche ging, gönnte er sich daheim oder in einem Pub sicherlich einen oder mehrere Drinks. Seine Opfer waren auch Alkoholkrank. Wenn solche Menschen dann zusammenkommen, fehlt sicherlich jegliche Romantik. Ein beiläufiger Kauf einer handvoll Weintrauben ändert meiner Meinung auch nichts daran. Es wäre ja möglich, dass sie auf dem Weg in den Yard feststellen mussten, dass der gerade noch zu unsicher war. Dabei standen sie bildlich gesprochen vor der Auslage Packers. Das wäre für beide vielleicht sogar praktisch gewesen, auf ein paar Weintrauben zurückzugreifen. Ein potentieller Kunde, der dann nicht bereits ist sie auf ein paar Weintrauben einzuladen, verspricht vielleicht am Ende kein gutes Geschäft und das warten würde sich für Stride nicht lohnen. Was hätte ein Ripper in dieser Situation gemacht? Verneint?

Für einen normalen Freier bei Stride, wird dieses Szenario sicherlich stark in Betracht gezogen. Man trifft sich, muss noch warten und vertreibt sich die Zeit mit ein paar Weintrauen. Für den Ripper wird ein solches Verhalten abgelehnt. Ich verstehe das ja auch aber wenn man auf Douglas, Hazelwood und ihrem Team vertraut, dann hätte der Ripper in einer Befragung nicht mit der Wimper gezuckt, wenn er mit dem Vorwurf der Polizei konfrontiert worden wäre, der Whitechapel Mörder zu sein. Hätte ihn da ein alter Mann wie Packer gejuckt?

Wie schon angesprochen, ich möchte nicht, dass hier der Eindruck entsteht, dass Jack the Ripper mit seinen Opfer ausging und den Kavalier spielte indem er ihnen Weintrauben o.ä kaufte. Diesen Eindruck wollte ich nicht vermitteln.

Er musste mit ihnen irgendwie kommunizieren, so lange, bis eine geeignete Location gefunden wurde bzw. diese zugänglich war. Bei 1 Stunde oder gar 1,5 Stunden bin ich da selber sehr skeptisch. Aber bei 20- 30 Minuten zwischen Freier und Prostituierte bzw. Ripper und Opfer vor dem Sex sehe ich das als sehr wahrscheinlich an, was das Zeitvolumen betrifft. Log Packer nicht sondern irrte sich nur mit der Zeit, dann muss er Stride um ca. 00.00 Uhr das erste Mal in jener Nacht gesehen haben. Ihre Kleidung war trocken, sie kann vorher schwerlich auf der Straße gewesen sein. Diese Möglichkeit möchte ich einfach im Auge behalten.

Gleich geht die EM los... wünsch mir viel Spaß... :Laie_23mini:

Beste Grüße,

Lestrade.

P.S.: Die Wertangaben bitte nicht unbedingt für "bare Münze" nehmen! Ich schrieb nur aus der Erinnerung.
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Re: Jacob Levy
« Antwort #232 am: 11.06.2016 09:15 Uhr »
Hallo Lestrade!

Vielleicht hätte ich den "Kavalier" in Anführungszeichen setzen sollen, der Begriff ist in diesem Kontext in der Tat missverständlich - denn ich meinte damit natürlich das, was im Getto Whitechapel unter armen Arbeitern, Tagelöhnern, Obdachlosen und Alkoholikern schon als "galantes" Verhalten gegenüber einer Frau angesehen wurde: Dass sie nämlich ihre Getränke und ihr Essen nicht selber zahlen muss, dass man ein kleines Geschenk mitbringt und vor dem Sex noch etwas Konversation macht, statt gleich in die nächste dunkle Ecke zu verschwinden.

Aber unterschätze bitte nicht die Kosten der Trauben für einen Gettobewohner: Du hast selbst eine grobe Größenordnung der Preise angeführt, wonach dieses viertel Pfund Trauben rund die Hälfte eines Brotlaibs kostete. Das wäre je nach Größe des Brotes rund eine halbe oder gar eine ganze Tagesration Brot als Gegenwert für diese Trauben.
Für die ärmere Hälfte im Getto wäre das durchaus nicht wenig gewesen, denn sie lebten von der Hand in den Mund und mussten das meiste, was sie irgendwie verdienten, für das tägliche Essen und Trinken und einen Schlafplatz wieder ausgeben.

Es stimmt zwar auch meiner Ansicht nach, dass JTR nicht ganz mittellos gewesen sein konnte, dass er nicht zu den untersten Schichten Whitechapels gehören konnte, denn zu arm hätte bedeutet, dass er kein Sexgeschäft mit den Frauen hätte abschließen können. Wenn schon sein Äußeres gezeigt hätte, dass auch er in Obdachlosenunterkünften pennt, wären die Frauen davon ausgegangen, dass er kein oder nicht genug Geld für das Geschäft hat, bzw. er ihnen den Liebeslohn danach wieder abnehmen würde.


Zitat
Der Ripper gehörte sicherlich zu den Menschen, wo sich die Zunge erst nach etwas Alkohol löst. Bevor er auf Opfersuche ging, gönnte er sich daheim oder in einem Pub sicherlich einen oder mehrere Drinks. Seine Opfer waren auch Alkoholkrank. Wenn solche Menschen dann zusammenkommen, fehlt sicherlich jegliche Romantik.

Eben deshalb erscheint mir das Trauben-Kaufen etwas zu galant für zwei arme Alkoholiker beim Abschluss eines Sex-Geschäfts, zumal wenn der Mann ein frauenhassender Mörder ist.

Es sei denn, dieses Essen wäre ein Teil des Preises gewesen... Das wäre eine Möglichkeit, an die ich bisher nicht gedacht habe: Die Bezahlung im Voraus mit Lebensmitteln oder in Alkohol hätte für die Prostituierten den Vorteil gehabt, dass ein skrupelloser Freier ihnen hinterher den Lohn nicht wieder abnehmen kann.
Danke, Lestrade. Deine Ausführungen haben mir da gerade eine neue Perspektive eröffnet.


MfG, Arthur Dent

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Re: Jacob Levy
« Antwort #233 am: 12.06.2016 14:21 Uhr »
Hallo Arthur!

Ich habe für Packer nur das:

I sold him 1/2 pound black grapes 3d


Das wären ca. 25 Pfennige für knapp 250g dunkle Weintrauben. Die 45-50 Pfennige waren, so meine ich mich zu erinnern, für ein vier Pfund Brot. Ein Pfund Weintrauben hätten dann soviel gekostet wie ein ganzes Brot. Ein halbes Brot kosteten somit die paar Weintrauben, da hast du recht. Eine Übernachtung in einem Lodging House soll auch ab 30 Pfennige gekostet haben... Ein Brot, ein paar Weintrauben und eine Übernachtung waren für einen Blowjob drin... ich weiß jetzt nicht, was ein Drink kostete aber eine Prostituierte die Alkoholikerin war und essen, schlafen und trinken wollte, war wohlmöglich gezwungen, jeden Tag ihrem Geschäft nachzugehen... wer weiß, wie oft sie auch ausgeraubt oder erpresst wurden usw. Schlimm das ganze...

Du meintest eher ca. ein viertel Kilo Weintrauben und nicht ein viertel Pfund? Oder hast du noch eine andere Angabe von Packer zur Hand? Aber wie schon erwähnt, bei diesen Daten und Angaben bin ich kein zuverlässiger Partner...

Da gibt es noch die Story von Annie Tapper, die ihm eigentlich die Trauben verkauft haben wollte. Erzählte sie jahrzehnte später Tom Cullen, kennste wahrscheinlich:

“Er war groß und dunkel, ausländisch aussehend würde ich sagen, mit einem schwarzen, spitz zulaufenden Bart. Ich könnte dafür aber nicht die Farbe seiner Augen sagen, denn er hielt seinen Blick nach unten. Aber er trug einen Bobtail- Mantel mit gestreifter Hose und er trug eine Reisetasche… Er sah aus, als wäre er für eine Hochzeit angezogen, nur dass er keinen Zylinder hatte."

“Ich kaufte mir für einen halben Penny Rotkohl und für einen halben Penny Chips und setzte mich sofort hin und aß sie auf“

“Damals dachte ich, dass es im Himmel keine größeren Freuden geben könnte“

“Almira waren es, diese blaßgrünen“


Für Rotkohl und Chips brauchte sie einen Penny. Man wurde wahrscheinlich besser satt als mit drei Pence für ein paar Weintrauben. War dann wohl tatsächlich eher Luxus diese Weintrauben damals...

Ansonsten ist das wahrscheinlich nicht besonders relevant.

Apropos "Zeugen" aller Art. Das ist wohl wichtiger:

Vielleicht kennst Du auch Mary Berkin, Enkelin von Swanson.

2006:

It was general knowledge that my grandfather knew the name of the killer, and that there was no evidence except from a Jewish man who would not give evidence for ethical reasons

http://www.jtrforums.com/showpost.php?p=180755&postcount=1

2012:

Beim Tee...

From what I heard I gathered that Grandfather had been in charge of the case, knew who was the perpetrator but couldn't bring him to justice without the co- operation of one who might have had knowledge of the suspect's movements. That someone was a fellow Jew who declined on religious grounds. The 'proof ' was that the crimes ceased when the suspect was sent away from London.

the co- operation of one who might have had knowledge of the suspect's movements.

http://www.jtrforums.com/showpost.php?p=181684&postcount=11

Wie betrachtest Du das?

Gruß, Lestrade.

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Offline Arthur Dent 2

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Re: Jacob Levy
« Antwort #234 am: 25.06.2016 13:00 Uhr »
Hallo Lestrade!


Zitat
Wie betrachtest Du das?


Nun, das bestätigt doch nur das, was Anderson, Swanson und Co. auch geschrieben haben. Er hat demnach privat dasselbe gesagt, wie er später in die Memoiren schrieb.

Wir haben unabhängig voneinender mindestens vier an den Ermittlungen beteiligte Polizisten, die wiederholt gesagt haben: Wir kannten den mutmaßlichen Mörder eigentlich, hatten aber nicht genug Beweise um ihn zu verhaften, und der Fall endete schließlich damit, dass er in eine Anstalt eingewiesen wurde.
Und es ist eine weitere Bestätigung dafür, dass es irgendwann eine Art Gegenüberstellung mit einem Zeugen gab, der aber schließlich doch nicht bereit war, gegen den Verdächtigen auszusagen.
Der Hinweis, dass dieser Zeuge vermutlich die Bewegungen des Verdächtigen kannte, lässt zudem auf eine Person in der Nähe des Verdächtigen schließen.

Ich denke, mit unseren Thesen zu den Anstaltsinsassen sind wir auf dem richtigen Weg.


MfG, Arthur Dent

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Re: Jacob Levy
« Antwort #235 am: 25.06.2016 13:16 Uhr »
... lässt zudem auf eine Person in der Nähe des Verdächtigen schließen

Genau das meinte ich, Arthur! Jemand hat den Verdächtigen irgendwo hingehen sehen, wahrscheinlich mit einem späteren Opfer, und auch wieder weggehen sehen. Der Verdächtige selber, hat das auch so registriert und wusste, als er dem Zeugen gegenübergestellt wurde, dass er nun identifiziert werden wird.

Ich weiß nicht, wer dieser Zeuge sein könnte aber mir fällt spontan der Watchboy der Aldgate High Station ein, der jemanden mit Eddowes Richtung Mitre Square gehen sah und den gleichen Mann dann aber auch jenen Ort wieder verlassen gesehen hat, diesmal allein.

Ich vermute, unser Seaside Home Zeuge sah so etwas ähnliches, wo auch immer.
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Offline Arthur Dent 2

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Re: Jacob Levy
« Antwort #236 am: 25.06.2016 13:26 Uhr »
Es könnte aber vielleicht auch ein Polizist gewesen sein - der berühmt berüchtigte PC vom Mitre Square...
Es hieß doch auch: man war einmal kurz davor, den mutmaßlichen Mörder zu verhaften.
Wie wäre es, wenn es diesen PC tatsächlich gab und er zur Tatzeit nicht realisierte, was da vorging und JTR somit entwichen ließ.
Nun hatte die Polizei ein PR-Problem, als der Verdächtige irgendwann später dem PC gegenübergestellt wurde und er sagte, dass diese Person es gewesen sein könnte, die er mit dem Opfer sah: Damit hatte die Polizei einen erneuten Mord zugelassen und den mutmaßlichen Täter entwichen lassen.
Also wurde es verschwiegen, zumal der dringend Verdächtige sowieso schon in einer Anstalt verwahrt wurde und der jüdische Zeuge die Identifkation verweigerte.
Es ist doch interessant, dass es nur diese Andeutungen über einen PC am Mitre Square gibt und nicht mehr, so als wäre da jemandem etwas unbeabsichtigt herausgerutscht, was eigentlich nicht hätte bekannt werden sollen. Die Bewegungen, Beobachtungen und Handlungen der PCs sind doch ansonsten recht genau dokumentiert

Was denkst du?


MfG, Arthur Dent

« Letzte Änderung: 25.06.2016 13:41 Uhr von Arthur Dent 2 »

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Re: Jacob Levy
« Antwort #237 am: 25.06.2016 13:45 Uhr »
Ja, es gehört auch zu meinen Überlegungen, ob dieser Watchboy/Watchman nicht tatsächlich jener berüchtigte PC vom Mitre Square gewesen war aber somit auch gleichzeitig der jüdische Zeuge im Seaside Home. Haben wir hier einen jüdischen Wachmann, dann könnte Beamte (Macnaghten) oder andere Personen (Sims) der Öffentlichkeit, einen einfachen Wachmann mit einem Konstabler fälschlicherweise oder unbedacht gleichgestellt haben. Somit hätte es gar keinen richtigen PC gegeben. Vielleicht wäre dann dieser Wachmann mal bei der Polizei gewesen, früher in seinem Leben. Seine Beobachtung hätte der Polizei ja unmittelbar nach Auffinden der Leiche von Eddowes zur Verfügung gestanden haben können und sie, die Polizei, konnte tatsächlich noch eine Spur aufnehmen. Dennoch, glaubt man den Ausführungen von Sims, Cox und Sagar absolut, dann gab es tatsächlich einen richtigen PC... und somit zusätzlich den Seaside Home Zeugen...

Irgendwie bevorzuge ich diesen Zeugen in der Dorset Street. Da standen Kutschen vor dem Miller´s Court. Vielleicht sah den Täter dort jemanden rein und rausgehen, rein mit Kelly, raus natürlich alleine. Das ist aber unbegründet bei mir, reines Bauchgefühl...   
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Offline Arthur Dent 2

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Re: Jacob Levy
« Antwort #238 am: 26.06.2016 09:42 Uhr »
Moin Lestrade!

Dass der "PC vom Mitre Square" vielleicht ein ehemaliger Polizist gewesen sein könnte, der nun als privater Wachmann arbeitete, finde ich eine gute Idee. Das könnte erklären, wieso wir diesen dubiosen PC nicht namentlich auffinden können, obwohl die Beats der PCs ja eigentlich bekannt sind.

War da nicht noch dieser Wachmann, der auf einen Mann traf, der ihn fragte, ob er vielleicht ein Pärchen gesehen habe? Müsste ich nochmal nachlesen...

Eine andere Möglichkeit wäre noch, dass entweder PC Watkins oder PC Harvey doch auf das Pärchen getroffen ist, bevor der Ripper zuschlug, und der PC einfach weiterging, weil er nichts verdächtiges bemerkte - das wäre natürlich für die Polizei extrem unangenehm gewesen, so dass man es vielleicht vertuschen wollte.

Ich glaube, ich muss das alles nochmal nachlesen und neu darüber nachdenken.


MfG, Arthur Dent


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Re: Jacob Levy
« Antwort #239 am: 26.06.2016 12:29 Uhr »
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